Zur Ausstellung erscheint mit „Andreas Oehlert - Idyllen“ die erste umfassende Werkübersicht zum Schaffen des Künstlers mit Texten von Thomas Heyden, Kathleen Rahn und Stephan Trescher Herausgegeben vom Institut für moderne Kunst Nürnberg und der Oechsner Galerie im Graef Verlag Nürnberg
Buchpräsentation: Samstag, 19. Juli 2014, 19 Uhr im Rahmen der offenen Ateliers (ab 17 Uhr) und des Sommerfestes des Atelier- und Galeriehauses Defet
Auszug aus Eröffnungsrede von Natlie de Ligt:
(...) So hat Andreas Oehlert im Raum der Oechsner Galerie die Zeichnungen der Serie „memory“ nicht in klassischer Manier an die Wand gehängt, sondern sie an Stangen befestigt, die locker im Raum verteilt sind. Der Galerieraum wird zur Bühne, auf der sich die Zeichnungen wie Schauspieler ihren Platz gesucht haben. Zugleich bilden sie ein Gegenüber für uns Besucher und beanspruchen ebenso Raum wie wir selbst. Sie mischen sich gewissermaßen unter die Gäste, präsentieren sich von allen Seiten, sind einladend in ihrer Grazilität.
Um die einzelnen Zeichnungen zu betrachten, kann man sie nicht einfach visuell abklappern. Man kann sie auch nicht von einem Standpunkt aus überblicken. Man muss sich zu jeder einzelnen Zeichnung verfügen und hat dabei verschiedene Wege und Abzweigungen zur Auswahl. Jeder von Ihnen wird sich in diesem Wegenetz seine eigene Choreografie suchen.
"memory“ ist die jüngste Zeichnungsserie von Andreas Oehlert. Die meistgestellte Frage hierzu lautet: „Zeichnen Sie vor?“ Die Antwort lautet NEIN, und zwar in Versalien, fett und doppelt unterstrichen. Andreas Oehlert arbeitet mit vollem Risiko, denn Aquarellfarbe lässt sich nicht korrigieren, und er arbeitet zugleich mit einer Gelassenheit, wobei er die Zeichnung sich gewissermaßen selbst überlässt. Er beginnt eine Zeichnung meist am Rand mit einem Modul, einer Form, die sich wiederholen wird und die sich meist zufällig ergibt sowie ihre Setzung. Dann läuft alles Weitere ins Ungewisse. Es gibt zwar eine Art Regel, aber die wird immer wieder aufgegeben oder variiert. Denn der Künstler ist nicht um einen Tapetenrapport bemüht. Man kann dieses Aufgeben eines anfänglichen Musters auf vielen Zeichnungen nachverfolgen.
Andreas Oehlert erlaubt sich, anders als bei früheren Zeichnungen, die Freiheit, nicht durchzuplanen, nicht zu wissen, wo es hinführt. Das Handgemachte erlangt zwar die Anmutung des Maschinellen, aber eine Perfektion, wie sie etwa das industriell Gefertigte erzeugt, ist nicht das Ziel. Ab einem gewissen Punkt beginnen sich die Zeichnungen von Andreas Oehlert selbst zu organisieren. Und trotz der Fülle an Akribie, Struktur und Farbe, spürt man das Loslassen, die Lockerheit, Leichtigkeit und Offenheit. Die Zeichnungen atmen. Sie können, um mit dem Titel „memory“ zu sprechen, auf- und wieder abtauchen wie eine Erinnerung. Sie bewahren etwas Durchlässiges wie eine Gardine, hinter der vage die Erinnerung haust. Sie sind schön, aber nicht arrogant. Die Zeichnungen faszinieren, weil man sich fragt, wie hat er das gemacht, wenn er nicht vorzeichnet und kein Lineal, Schablonen oder Abklebungen verwendet. Die Zeichnungen erfordern Konzentration, Lust an der Wiederholung und am Prinzip Zeit. (...)